Schreiben ist Silber, ist reden Gold?

fagetti kommunikation   •   Januar, 2018

Werden die Kulturtechniken Lesen und Schreiben mit der Technologisierung durch eine neue Mündlichkeit verdrängt? Voice-Nachrichten oder Siri, Alexa und all ihre verwandten Produkt-Kollegen tragen uns keine neuen Brieffreundschaften an, sondern suchen das Gespräch.

Und wir reden mit unseren Geräten, die zunehmend alle miteinander verbunden sind. Mit Siri, Alexa oder mit dem Kühlschrank, der Fehlendes im smart house gleich selber bestellt. Mit dem Laptop, der unsere mündlichen Kommentare zum vorgelesenen Dossier automatisch mitspeichert und vielleicht in Echtzeit der zugewiesenen User-Gruppe auf Google-Drive zur Verfügung stellt. Computer lesen uns Emails, aber auch Zeitungsartikel, Bücher, Verträge, Reglemente, Themendossiers, Geschäftsberichte oder Produktinformationen einfach vor – wenn wir das möchten.

Das scheint einfacher, als Gedachtes in Wort und Schrift zu bringen und zu lesen. Stimmliche Präsenz verspricht zudem mehr Nähe, mehr Emotion und Intensität. Gerade richtig für eine Welt, die nach Emotionen giert und Argumenten und Informationen mit viel pseudopsychologischem Heruminterpretieren gerne die Blutgrätsche macht. Oder kippen wir damit ein ausbalanciertes Nähe-Distanz-Verhältnis vollends, und geben wir die letzte Meile für gründliches Nachdenken auf?

Wird das Führung und Kommunikation verändern? Entsteht das Bedürfnis, diese neue «Nähe» zu kompensieren und wenn ja wie? Führt das zu einer De-Alphabetisierung? Und in welche Richtung entwickelt sich Sprache und Schriftlichkeit? Wie informieren und kommunizieren wir in unseren Unternehmen und in gesellschaftlichen und politischen Organisationen?

 

Wir wissen es (noch) nicht. Oft gilt, dass sich das Geschnatter der «loudest duck» durchsetzt, ob gerechtfertigt oder nicht. In einer Welt voller Geplapper bekommt aber bewusstes Schweigen und stilles Nachdenken Gewicht. Und erinnern wir uns auch an den Bestseller «Schnelles Denken, langsames Denken», in dem Daniel Kahnemann darlegt, warum gedankliche Schnellschüsse nachgewiesenermassen oft auch Fehlschlüsse sind. Nehmen wir uns 2018 also die nötige Zeit – um nachzudenken. Oder auch um einfach mal zu schweigen.